Tageslosung
Die Herrnhuter Tageslosung
Hausgottesdienst am 10. Sonntag nach Trinitatis, den 16.08.2020
Parallel zum Live-Gottesdienst Kirche Buchschlag, 10 Uhr
von Pfarrer Jochen-M. Spengler
Liebe Gemeinde,
herzlich willkommen zum Gottesdienst in der Ev. Versöhnungsgemeinde Buchschlag-Sprendlingen. Schön, dass Sie mitmachen! -
Ich hoffe, es geht Ihnen so gut wie möglich, und Sie erleben auch in diesem Sommer trotz Hitzewelle und wieder ansteigenden Infektionszahlen Zeiten, die Sie als „liebe Sommerzeit“ erleben (es geht in meiner Predigt heute um das bekannte Paul-Gerhardt-Lied „Geh aus mein Herz und suche Freud… - in dieser lieben Sommerzeit“).
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Hausgottesdienst, einen schönen Sonntag - und schon jetzt eine gute Woche!
Ihr Pfarrer
Jochen-M. Spengler



Wir feiern unseren Hausgottesdienst:
Im Namen Gottes, der Quelle unseres Lebens, die uns gibt, was wir zum Leben brauchen.
Im Namen Jesu Christi, unserem Freund und Bruder, durch den uns Gott etwas von seinem Wesen und seiner Liebe zu uns Menschen gezeigt hat.
Und im Namen des heiligen Geistes, einer Kraft, die uns in Gemeinschaft zusam-menhält und an schönen Tagen so richtig glücklich macht - und an traurigen Tagen die Zuversicht nicht verlieren lässt.
Amen.
Wir lesen Verse aus Psalm 27:

Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?
Eines bitte ich vom Herrn, das hätte ich gerne:
dass ich im Hause des Herrn bleiben könne mein Leben lang.
Denn er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit,
er birgt mich im Schutz seines Zeltes
und erhöht mich auf einen Felsen.
Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und erhöre mich!
Denn du bist meine Hilfe - verlass mich nicht
und tu die Hand nicht von mir ab, Gott, mein Heil!
Harre des Herrn! Sei getrost und unverzagt und harre des Herrn!
Lasst uns beten!

Gott,
wir danken dir dafür, dass wir jetzt hier zusammen sind und darauf vertrauen können, dass du mitten unter uns bist.
Alles, was uns am heutigen morgen durch den Kopf geht, was uns froh macht oder auch traurig, ist in deiner Nähe gut aufgehoben. Wenn du da bist, Gott, dann ist das Schöne noch schöner und das Schwere nicht ganz so schwer. -
Gott,
auch wenn wir uns mittlerweile schon fast daran gewöhnt haben, täglich mit einer ganzen Reihe von Nachrichten konfrontiert zu werden, die besorgniserregend sind, so merke ich doch, wie sehr mich mein Leben in diesen Zeiten anstrengt:
Woher soll ich Zuversicht nehmen, wenn ich den Unfrieden auf der Welt vernehme, woher Hoffnung, wenn die Zukunftsaussichten unserer Natur, deiner Schöpfung, Gott, so trüb aussehen?
Und woher Optimismus, wenn die kleinen Fortschritte in der seit Monaten belastenden Corona Krise uns nun in den letzten beiden Wochen wieder aus den Händen geglitten sind? -
Darüber werden wir uns heute Gedanken machen, und Gott, ich bitte dich:
„Mach jetzt in uns deinem Geiste Raum, dass wir dir werden ein guter Baum, und lass uns Wurzel treiben.“
Gib uns nun kluge Gedanken, mache Verstand und Herzen weit - und tröste, stärke und beflügele uns jetzt, damit wir nachher mit frischen Kräften in die neue Woche gehen können.
Das bitten wir dich, Gott, durch Jesus Christus, unseren Freund und Bruder.
Amen.
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen!

„Von wegen liebe Sommerzeit: Hitzewelle, konstant steigende Infektionszahlen: Was soll an so einer Sommerzeit schon lieb sein!“ -
„Jetzt kommen Sie doch erst einmal herein, lieber Herr Wagner!“ begrüßt ihn Frau Reimer mit einem fröhlichen Lachen im Gesicht und geht drei Schritte rückwärts, damit Herr Wagner eintreten kann. Ob das jetzt genau ein Meter fünfzig gewesen sind, weiß sie nicht genau. Jedenfalls möchte sie in Sachen Gesundheitsschutz als Gastgeberin des Hauskreisabends alles richtig machen - oder zumindest so, dass sich alle wohl und sicher bei ihr fühlen können.
Es ist ja das erste Treffen seit langer Zeit: Erst mussten die Abende abgesagt werden wegen der Kontaktbeschränkung, und dann kam die Urlaubszeit, in der doch tatsächlich drei Hauskreismitglieder weggefahren sind: Herr Pörings ins Sauerland, Ehepaar Ruland an die Ostsee.
Immerhin - hatte sie sich gedacht und sich vorgenommen, auch einmal ins Sauerland oder an die Ostsee zu reisen, denn da war sie noch nie gewesen.
Sie war seit Jahren im Urlaub im europäischen Ausland unterwegs - nicht etwa um Strände oder Berggipfel kennenzulernen, sondern um ihr Wissen zu erweitern, was die Kultur und Geschichte anderer Länder angeht.
Frau Reimer und Herr Wagner sind im Wohnzimmer angekommen. Frau Reimer hatte am Vormittag die großen Pflanzenkübel auf die Terrasse gezogen, sogar ein kleines Schränkchen abgebaut und vorübergehend im Keller geparkt, damit im Wohnzimmer mehr Platz ist.
Sechs bequeme Stühle stehen nun um den Wohnzimmertisch, und zwar in einem Abstand, der ihr mehr als ausreichend erscheint. Auf die Kontrolle mit einem Zollstock hatte sie verzichtet.
Es klingelt an der Türe.
Frau Reimer bittet Herrn Wagner Platz zu nehmen mit den Worten: „Noch haben sie freie Platzwahl!“ - und geht dann zur Haustüre.
Dort wartet das Ehepaar Ruland - und Maike, die das jüngste Mitglied des Hauskreises ist.
Sie ist gerade einmal fünfzehn, wird im Dezember sechzehn, wie sie immer betont, und interessiert sich für Religion. Sie möchte eventuell Theologie studieren und deshalb geht sie doch tatsächlich nicht selten in den sonntäglichen Gottesdienst.
Bei einem Kirchencafé nach einem Gottesdienst war sie dann mit Frau Reimer ins Gespräch gekommen, und die hatte ihr vom Hauskreis erzählt. Das war vor ungefähr einem Jahr - und seitdem ist Maike mit von der Partie.
„Müssen wir die Masken aufsetzen bis wir an unserem Platz sind?“ fragen Sonja und Gerald Ruland fast gleichzeitig und müssen lachen. Beide habe sie eine Mund-Nasen-Abdeckung in der Hand - und sind es von ihren Kirchenbesuchen gewohnt, beim Hinein- und Herausgehen diese Alltagsmasken aufzusetzen. Ist kein Problem für sie.
Frau Reimer zögert einen Moment, dann sagt sie: „Wenn sie sie schon dabeihaben, warum nicht.“
Eigentlich hält sie es für unnötig, aber sie ist nun einmal die Gastgeberin und möchte keinen Zweifel an ihrer Umsicht in diesen Zeiten aufkommen lassen.
Maike zieht ihr zum Glück großes T-Shirt über Mund und Nase, und geht gesenkten Hauptes durch den Flur Richtung Wohnzimmer. An eine Maske hatte sie nicht gedacht, was man verstehen kann.
Jetzt fehlt nur noch Herr Pörings. Der aber, wir werden das sehen, sich sehr verspäten wird.
Und so beginnen die anderen den offiziellen Teil des Hauskreisabends schon einmal, nachdem sie eine ganze Weile gewartet hatten.
„Es wird ihm ‘was dazwischengekommen sein in dieser lieben Sommerzeit“, hatte Herr Wagner das Warten beendet.
Also hatte Frau Reimer das Startsignal gegeben mit dem traditionellen Begrüßungstext dieses Hauskreises:
„Liebe Schwestern und Brüder, ich freue mich, dass Ihr gekommen seid. Ich hoffe, dass wir ein gutes Gespräch haben werden und zu neuen Einsichten gelangen.
Gott sei jetzt bei uns und gebe uns seinen Geist! Amen. -
Der Text, mit dem wir uns heute Abend beschäftigen werden, steht ausnahmsweise einmal nicht in der Bibel - sondern im Gesangbuch. Wir hatten uns ja für das Paul-Gerhardt-Lied Geh aus mein Herz und suche Freud entschieden, und zwar für die Strophen 1, 13 und 14.
Ich denke, die erste Strophe, brauchen wir gar nicht extra vorzulesen, die hat doch jeder im Kopf. Wer möchte die anderen beiden Strophen lesen?
„Ich“, meldet sich Maike wie aus der Pistole geschossen, „und ich lese auch Strophe 1, denn ich habe diese Strophe nicht im Kopf. Wenn ich ehrlich sein soll, ist mir das ganze Lied total unbekannt!“
„Dann lies ‘mal vor“, erteilt ihr Frau Reimer mit einem Anflug schlechten Gewissens das Wort, denn sie hätte ja daran denken können, dass das Sommerlied ihrer Kind-heit schlechthin für Maike Neuland sein könnte.
Denn Maike ist fünfzig Jahre jünger als sie.
Maike liest:
„1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben;
schau an der schönen Gärten Zier und siehe,
wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben,
sich ausgeschmücket haben.

13. Hilf mir und segne meinen Geist
mit Segen, der vom Himmel fleußt, dass ich dir stetig blühe;
gib, dass der Sommer deiner Gnad
in meiner Seele früh und spat viel Glaubensfrüchte ziehe,
viel Glaubensfrüchte ziehe.

14. Mach in mir deinem Geiste Raum,
dass ich dir werd ein guter Baum, und lass mich Wurzel treiben.
Verleihe, dass zu deinem Ruhm
ich deines Gartens schöne Blum und Pflanze möge bleiben,
und Pflanze möge bleiben. -
Soweit der Text“, beendet Maike das Vorlesen.

An dieser Stelle lässt sich der Hauskreis immer einen Augenblick Zeit, liebe Gemeinde, ehe mit dem Gespräch begonnen wird. Die Worte sollen genug Zeit bekommen, um eine Wirkung entfalten zu können: welche auch immer! -
„Wie merkwürdig das ist, dieses Lied vorgelesen zu bekommen - und nicht zu singen!“ durchbricht Sonja Ruland schließlich die Stille und ist versucht, spontan die erste Strophe anzustimmen.
Dann fällt ihr ein, dass das zumindest in der Kirche in Corona Zeiten nicht gestattet ist, und belässt es bei einem kurzen leichten Summen…
„Und da wären wir dann auch schon bei der sog. lieben Sommerzeit“, legt Herr Wagner schwungvoll los. „Dieses Jahr gibt’s keine liebe Sommerzeit - und ob es nächstes Jahr eine geben wird, das wage ich zu bezweifeln. Die lieben Sommerzeiten sind vorbei! Was auf uns wartet ist: Folgen von Klimaveränderung, Hitzewellen, Trockenheit, Pflanzensterben - und obendrauf gibt’s die eine oder andere Pandemie. Schöne Aussichten!“ Herr Wagner schnaubt verächtlich. -
„Da ist aber einer optimistisch!“ schaltet sich Gerald Ruland ein.
Er ist Lehrer, und zwar ein guter und zurecht beliebter Lehrer. Er schaut hinter die Fassade von emotionalen Schülerbeiträgen und versucht immer herauszufinden, wie er seinem Gegenüber am besten helfen kann. So auch jetzt, denn er hängt an:
„Das macht Ihnen sicher sehr zu schaffen, lieber Herr Wagner, wie sehr wir gegenwärtig im Griff von großen Problemen zu sein scheinen. Ich bin auch traurig, dass die heile Welt meiner Kindheit, in der ich das Geh aus mein Herz mit meiner Mutter oder meinen Großeltern gesungen habe, gerade so furchtbar weit weg erscheint. Und deshalb ist mir auch die vierzehnte Strophe des Liedes so wichtig geworden:
Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir werd ein guter Baum - und lass mich Wurzel treiben!
Wenn ich es tatsächlich schaffe, in mir Raum zu schaffen für Gottes Geist, einem Geist der Hoffnung und der Zuversicht, dann wird mich kaum eine Krise umwerfen können.
Und wenn ich dann auch noch geduldig darauf warten kann, bis meine Wurzeln sich tief im Boden verzweigen, dann werden Hoffnung und Zuversicht immer wieder neu Nahrung bekommen. Was soll mir dann noch passieren!“
„Das kann ich Ihnen sagen“, kontert Herr Wagner. „Der Boden kann nämlich austrocknen, und dann nützen ihnen die Wurzeln nichts mehr. Wenn eine Sturmböe kommt, fällt der Baum um. Und das war’s dann mit guter Baum. Ich jedenfalls kann den Stürmen der Gegenwart kaum noch standhalten.
Ich bin so niedergeschlagen, ich kann Gottes Geist der Hoffnung und der Zuversicht in mir nicht mehr finden. Wenn ich durch all die Krisen der Gegenwart jetzt auch noch meinen Glauben verliere, dann bin ich geliefert. Wie soll es denn dann noch mit mir weitergehen?“ -
Die Hauskreisrunde ist ehrlich erschüttert von Herrn Wagners Bekenntnis. So offen hat er noch nie von sich und seinen Sorgen gesprochen.
Sonst grantelt er nur herum - aber immer noch mit einem Augenzwinkern.
Vor dem ist allerdings jetzt nichts mehr zu sehen.
Mehr als betretendes Schweigen will in der Runde erst einmal nicht aufkommen: Ehepaar Ruland blickt gedankenverloren aus dem Fenster, Frau Reimer auf den Wohnzimmertisch, auf den sie eine kleine Vase mit bunten Sommerblumen gestellt hatte, die in diesem Moment grau wirken - und Maike… schaut besorgt in sich hinein auf der Suche nach der Energie, die sie sonst - zum Beispiel bei Fridays-for-Future-Demonstrationen - so belebend in sich spürt! Diese Energie ist normalerweise grö-ßer als ihre Sorge um ihre Zukunft der Welt und um die Zukunft der Menschheit - um ihre Zukunft.
Jetzt fühlt sie sich kraftlos. -
Plötzlich ist Papierrascheln zu hören. - Und das kommt von Frau Reimer, der urplötzlich einfallt, dass sie ja ein kleines Referat zu Paul Gerhardt vorbereitet hat.
Ihr Manuskript hatte sie in die rechte Rocktasche gesteckt, von wo sie es jetzt hervorholt. Vielleicht können ein paar Sachinformationen ja jetzt weiterhelfen, denkt sie sich. Und sie hat Recht!
„Ich möchte Euch und Ihnen etwas von Paul Gerhardt erzählen“, beginnt sie, „der seine Liedtexte in einem Leben geschrieben hat, in dem manche Sommerzeit auch keine liebe Sommerzeit gewesen ist. Vielleicht hilft uns das weiter!
Paul Gerhardt - Gerhardt übrigens mit dt - wurde am 12. März 1607 in der kleinen Stadt Gräfenhainichen in Sachsen geboren. Seine Geburtsstadt liegt in der Nähe der Lutherstadt Wittenberg.
Paul Gerhardt gilt neben Martin Luther als einer der bedeutendsten deutschen Dichter von Kirchenliedern. Aus seinen Liedern spricht einerseits fröhliches Gottvertrauen, aber sie erzählen sie auch eindringlich von Angst und Bedrückung.
Denn Paul Gerhardt hat in seinem Leben bittere Not erleben müssen: Bereits mit 14 Jahren verlor er beide Elternteile - und fast während der Hälfte seines Lebens tobte der furchtbare Dreißigjährige Krieg in Deutschland (1618-48). Trotz schwerer persönlicher Schicksalsschläge rief Paul Gerhardt immer wieder zu Gottvertrauen auf, und sein wohl bekanntestes Lied lautet:
Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.
Vielleicht weil er selber so viel Leid aushalten musste, entwickelte Paul Gerhardt in wunderbarer Weise die Fähigkeit, andere Menschen zu trösten, und seine Sprache ist voll Innigkeit und Wärme. -
Was seinen Berufswunsch angeht, so wollte Paul Gerhardt von Anfang an Pfarrer werden.
Er studierte Theologie, fand aber nach dem Studium in dem durch den Krieg verwüsteten Deutschland erst einmal keine Pfarrstelle.
1643 zog er nach Berlin, und dort machte er Bekanntschaft mit Johann Crüger, dem führenden Kirchenmusiker der Stadt, der auf diese Weise Paul Gerhardts Liedtexte kennenlernte.
Crüger war begeistert von der gedanklichen Tiefe und der Aussagekraft der Texte und veröffentlichte bis 1661 fast einhundert Lieder Pauls Gerhardts. -
Erst im Alter von vierundvierzig Jahren bekam Paul Gerhardt in dem Städtchen Mit-tenwalde bei Berlin schließlich eine Anstellung als Pfarrer. In dieser Zeit heiratete er auch.
1657 wurde er als Pfarrer dann nach Berlin berufen, wo jedoch neue Schwierigkei-ten auf ihn zukamen: Dort bekämpften sich nämlich die Konfessionen der Lutheraner und Reformierten - beide evangelisch übrigens.
Der lutherische Paul Gerhardt war eigentlich ein sehr friedliebender Mensch. Aber um seines Gewissens willen meinte er, in der Auseinandersetzung mit den Reformierten nicht schweigen zu dürfen. Das hatte dann zur Folge, dass Kurfürst Friedrich Wilhelm I. ihn 1668 als Pfarrer absetzte. -
Auch in familiärer Hinsicht war Paul Gerhardt nicht von dauerhaftem Glück gesegnet: Nach nur dreizehn Jahren glücklicher Ehe starb Paul Gerhardts Frau mit gerade einmal 45 Jahren.
Und von seinen fünf Kindern starben vier sehr früh, nur ein Sohn, Paul Friedrich, blieb am Leben.
Am Schluss seines Lebens war Paul Gerhardt noch sieben Jahre Pfarrer in dem Städtchen Lübben. In diesen letzten Lebensjahren jedoch hat er keine Lieder mehr verfasst.
Am 27. Mai 1676 starb Paul Gerhardt, fast siebzig Jahre alt.
In seinen Liedern aber lebt er bis heute fort.“ -

Frau Reimer faltet bedächtig ihre Manuskriptblätter zusammen.
„Danke!“ sagt Herr Wagner zu ihr.
Und er sagt es sehr herzlich und alle merken, dass er es mit seinem Dank ernst meint.
„Sie haben mir geholfen. Wirklich.
Ich habe das alles gar nicht gewusst von Paul Gerhardt.
Ich habe ein ganz schlechtes Gewissen, denn ich dachte, er wäre so ein Trallala-Christ, der mit oberflächlich-frömmelnden Texten eine Welt schön singen will, die eigentlich nicht schön ist. Es ist aber offensichtlich anders:
Paul Gerhardt schafft es, von einer lieben Sommerzeit zu reden und zu singen, obwohl sicher der eine oder andere Sommer seines Lebens von tiefem Leid geprägt war.
Aber er lässt dem Leid, den Sorgen, der Trauer nicht das letzte Wort - sondern Gott. Und der sagt im Schöpfungsbericht:
Und siehe, es war sehr gut!
Mit „sehr gut“ meinte Gott sicherlich nicht das Unheil und das Böse in der Welt und auch in unserer Gegenwart, sondern Gott meint damit das Große und Ganze und all die guten Möglichkeiten, die wir Menschenkinder als seine Geschöpfe haben.
Für diese Möglichkeiten lässt er im Sommer die Sonne scheinen, für diese Möglichkeiten lässt er es regnen - also zumindest im übertragenen Sinne als Hoffnungsregen, damit unsere Glaubensbäume starke Wurzeln bekommen und aus einem guten und saftigen Boden Kraft ziehen können. -
Ich möchte Paul Gerhardt nacheifern“, sagt Herr Wagner schließlich ganz ernst, „der ein so viel schwereres Leben hatte als ich es habe. Ich möchte mich anstecken lassen von seiner Unverdrossenheit im Glauben und Hoffen… -
danke, Frau Reimer!“ -
Es klingelt an der Türe. Wer wird das wohl sein, liebe Gemeinde?! Das ist natürlich Herr Pörings, der sich über eine Stunde verspätet hat, was ganz und gar nicht seine Art ist.
Nach einem langen Arbeitstag hatte er noch einen kleinen Spaziergang machen wollen vor dem Hauskreis.
Und dann war er in einem kleinen Park an einem See gelandet, wo er bei einer Bank im Schatten Halt machte.
Dort hatte er sich hingesetzt, hatte den Enten zugesehen - ziemlich lange - und er hatte auch besorgt den knochentrockenen Boden neben der Bank betrachtet.
Und irgendwann war er wohl ein bisschen eingenickt.
Als er aufwachte, wusste er gar nicht so richtig, wo er war, und hörte eine Stimme sagen: „Das wird schon wieder!“
Und er war verwundert, dass das seine Stimme war, die er da hörte.
Und dann hatte er erschrocken auf die Uhr geguckt und festgestellt, dass er diesmal wohl verheerend unpünktlich zum Hauskreis kommen würde.
„Und wenn schon!“ hörte er eine Stimme sagen - schon wieder seine. Und dann war er losgelaufen.
Und nun ist Herr Pörings im Wohnzimmer angekommen, hat alle mit einem japanischen Corona-Gruß, also so einer Art Verbeugung, begrüßt, und fängt unvermittelt an:
„Also, wie soll ich sagen: Mach in mir deinem Geiste Raum, irgendwie habe ich das eben am eigenen Leib erlebt. Unfassbar!“
Und dann erzählt er von seinem Erlebnis, und gerne hätte ich gehört, wie er das alles formuliert hat.
Jeder und jede aus dem Hauskreis greift nach dem Segen, der in diesem Augenblick durch den Raum strömt, so als käme er direkt aus dem Himmel.
Wie schön.
Wie lange Herr Pörings erzählt und ob sich andere danach mit eigenen Erlebnissen anschließen, das weiß ich nicht.
Irgendwann auf jeden Fall macht Frau Reimer auf die kleinen Teller mit Tomaten und Mozzarella aufmerksam und auf die Flaschen mit Bionade, die auf dem Sideboard bereit stehen.
„Bitte einer nach dem anderen!“ mahnt sie ernst, „und bitte nur den Teller und die Flasche anfassen, die man dann auch an den Tisch mitnimmt!“
Es tut der Hauskreisrunde richtig gut, an diesem Abend zusammen zu sein. Das hat allen sehr gefehlt!
Und alle merken: Gottes Geist in seinem Herzen Raum zu geben, das geht zwar auch alleine - aber viel leichter ist es, sich in Gemeinschaft zu öffnen, denn dann wird aus einer Jahreszeit, welcher auch immer, liebe Gemeinde, eine liebe Jahreszeit, die Hoffnung und Zuversicht schenkt.
Weil Gott das so will.
Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.
Von guten Mächten wunderbar geborgen
Lasst uns beten!
Gott, wir danken dir dafür, dass du uns nicht alleine lässt in Zeiten, die uns zu schaffen machen.
Zeiten, in denen unsere Zuversicht von Ängsten bedroht und unsere Hoffnung von Sorgen manchmal fast erstickt wird.
Dann bist du da und machst dir in unserem Geiste Raum:
Immer wieder pflanzt du in uns Pflänzchen der Hoffnung, schenkst uns neue Gedanken, die unsere Geduld festigen und uns mit frischer Kraft versehen.
Und dann können wir wieder loslaufen mit Energie - und mit dir an unserer Seite. -
Gott, heute bitten wir dich ganz besonders für die Menschen, die in diesen Tagen hart getroffen wurden:
Ich denke an die Menschen im Libanon, die durch das schwere Explosionsunglück in tiefe Trauer und große Not gestürzt wurden.
Ich denke an die Menschen, die auf Intensivstationen mit einer Covid Erkrankung um ihr Leben ringen.
Und ich denke an Menschen, die hier bei uns und überall auf der Welt durch Umwelt- und andere Krisen in bittere finanzielle Not gestürzt worden sind. -
Gott, lass uns überall dort helfen, wo wir das können, und gib uns deinen Geist, damit wir nicht müde werden in unseren Bemühungen.
Gott, auf dich vertrauen wir. Du bist unser Gott. Unser Los liegt in deinen Händen.

In unserem stillen Gebet können wir dir, Gott, all das anvertrauen, was uns auf dem Herzen liegt...
Wir bitten um Gottes Segen!

Der Herr segne uns und behüte uns;
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns
und sei uns gnädig;
der Herr erhebe sein Angesicht auf uns
und gebe uns Frieden.
Amen.
Verleih uns Frieden gnädiglich (Version: Matthias Nagel - EG+ 142)