Tageslosung
Die Herrnhuter Tageslosung
Hausgottesdienst am 5. Sonntag nach Ostern, den 09.05.2021

von Pfarrer Jochen-M. Spengler
Lobe den Herren (EG 317,1+5) Gospelsterne - BR TV Gottesdienst
Wochenspruch: Psalm 66,20
Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft
Noch seine Güte von mir wendet.
Liebe Gemeinde,
für den Auftakt habe ich ein Loblied ausgesucht - in der schwungvollen Version eines Gospelchores.
Eigentlich war für heute der Vorstellungsgottesdienst unserer Konfirmandengruppe geplant, bei dem ich ebenfalls versucht hätte, möglichst flott in den Gottesdienst zu starten. Dann hätten die Jugendlichen viele der gottesdienstlichen Texte vor der Gemeinde vorgetragen: ein bisschen aufgeregt - aber natürlich auch höchst professionell.
Und darauf wäre das Highlight gekommen: Die Videoclips von der Konfirmandenzeit!
All das kann in diesem Jahr coronabedingt nicht stattfinden.
Wie schade.
Und die Konfirmationsgottesdienste mussten wir wegen Corona in den September verschieben, was für alle eine erneute Geduldsprobe bedeutet.
Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle einmal ganz herzlich bedanken bei Euch Jugendlichen:
Ich danke Euch für Eure große Geduld auf unserem gemeinsamen Weg, der in dieser Pandemie manches von uns verlangt hat: alle Unterrichtsstunden in der Kirche, durchgängig Maske auf, Abstand zwischen den Plätzen…
Und trotzdem habt Ihr engagiert mitgemacht, Euer Wissen und Eure Meinungen eingebracht - und Ihr habt es mir als Eurem Pfarrer wirklich leicht gemacht.
Ich danke Euch für Euer Vertrauen und Eure Freundlichkeit - beides ist mir eine Ehre!
Euren Eltern danke ich auch für das Verständnis, das sie für unsere Coronamaßnahmen aufgebracht haben und auch für ihre Geduld! -
So, und nun zu diesem Hausgottesdienst, der ein mehr oder weniger normaler Hausgottesdienst sein wird mit einer Ansprache zum Thema „Beten“.
Aber er soll wenigstens ein bisschen nach Vorstellungsgottesdienst schmecken deswegen stammt der Dank im Eingangsgebet und die Bitten im Schlussgebet aus der Feder der Jugendlichen. Ich habe nicht alle Gebetsteile von den Jugendlichen unterbringen können, denn es waren sehr viele, die am letzten Dienstag in der Konfirmandenstunde formuliert wurden, aber eine ganze Reihe hat ihren Platz gefunden.
Nun wünsche ich allen einen gesegneten Hausgottesdienst, einen schönen Sonntag (es soll warm werden!) - und grüße herzlich aus dem Pfarrhaus

Ihr/Euer Jochen-M. Spengler
Wir feiern unseren Hausgottesdienst:
Im Namen Gottes, der Quelle unseres Lebens, die uns gibt, was wir zum Leben brauchen.
Im Namen Jesu Christi, unserem Freund und Bruder, durch den uns Gott etwas von seinem Wesen und seiner Liebe zu uns Menschen gezeigt hat.
Und im Namen des heiligen Geistes, einer Kraft, die uns in Gemeinschaft zusammenhält und an schönen Tagen so richtig glücklich macht - und an traurigen Tagen die Zuversicht nicht verlieren lässt.
Amen.

Wir lesen Verse aus Psalm 36:
Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist,
und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.
Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes
und dein Recht wie die große Tiefe.
Herr, du hilfst Menschen und Tieren.
Wie köstlich ist deine Güte, Gott,
dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!
Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses,
und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom.
Denn bei dir ist die Quelle des Lebens,
und in deinem Lichte sehen wir das Licht.
Eingangsgebet mit Dank der Konfirmandinnen und Konfirmanden zum Mithören
Lasst uns beten!
Gott,
mit allem, was uns bewegt, was uns das Herz leicht oder schwer macht, kommen wir jetzt zu dir.
Lass uns bitte spüren, wie nah du in diesem Hausgottesdienst bei uns bist! -
Gott eigentlich würden wir heute unseren Vorstellungsgottesdienst feiern.
Wegen der Coronakrise geht das leider nicht - aber das weißt du ja.
Damit die Jugendlichen aber dennoch heute in diesem Hausgottesdienst in besonderer Weise vorkommen, trage ich dir jetzt den Dank vor, den sie in der letzten Konfirmandenstunde für dich aufgeschrieben haben:
Gott, ich danke dir für meine Familie, für meine Freunde - und dass ich so bin, wie ich bin.
Gott ich danke dir, dass es meiner Familie gut geht - außerdem danke ich dir dafür, dass es bei mir beim Schwimmen gerade so gut läuft.
Lieber Gott, ich danke dir, dass die Nachmittagsaktivitäten geöffnet haben. Es hilft einem sehr, sich während des Homeschoolings zu konzentrieren, wenn man am Nachmittag etwas Schönes unternehmen kann.
Gott, ich danke dir dafür, dass es mir gesundheitlich sehr gut geht und ich keine Beschwerden in meinem Leben habe. Außerdem danke ich dir dafür, dass ich am Donnerstag wieder in die Schule gehen darf.
Gott, ich danke dir für die schöne unbeschwerte Zeit, die die letzten Jahre trotz Corona waren, ich danke dir für die Unterstützung und die Kraft, die du mir gegeben hast, wenn ich sie brauchte.
Gott, ich danke dir für meine Freunde, weil sie immer für mich da sind und mich nie im Stich lassen würden. Ich kann immer mit ihnen Spaß haben und auch über ernste Themen reden.
Gott, ich danke dir, dass ich wieder in die Schule gehen und drei von meinen Freunden sehen kann. Ich danke dir, dass es mir besser geht und dafür, dass wir in der Schule nicht gleich in jedem Fach Arbeiten schreiben.
Gott, ich danke dir dafür, dass meine Eltern trotz der Pandemie wieder arbeiten können und dass meine Familie zu Hause wieder beisammen sein kann.
Gott, ich danke dir dafür, dass du mir hilfst, wichtige Entscheidungen zu bewältigen, dafür, dass du mir vor Sportereignissen hilfst, dafür, dass du mir in der Schule hilfst, wenn es stressig wird und wir viele Arbeiten schreiben. Und ich danke dir dafür, dass du die Verstorbenen bei dir aufnimmst, und so der Abschied erleichtert wird.
Gott, ich danke dir für meine Familie, für meinen Hund, unsere Gesundheit und dafür, dass Richard Corona gut überstanden hat. Ich danke dir dafür, dass du mir meine Sünden vergibst. -
Gott, das ist nur ein Teil des Dankes, den die Jugendlichen für dich aufgeschrieben haben, alles konnte ich in diese Liste nicht aufnehmen, das wäre zu viel gewesen.
Aber du, Gott, kennst ja unsere Gedanken und Gefühle und weißt, was uns bewegt, bevor wir es ausgesprochen haben - also auch unseren Dank!
Gott, wir sind froh, dass du unser Gott bist und uns als starker Freund so treu zur Seite stehst.
Amen.
Schriftlesung aus dem Alten Testament: Daniel 9,4-5.16-19

Ich betete aber zu dem Herrn, meinem Gott, und bekannte und sprach: Ach, Herr, du großer und schrecklicher Gott, der du Bund und Gnade bewahrst denen, die dich lieben und deine Gebote halten!
Wir haben gesündigt, Unrecht getan, sind gottlos gewesen und abtrünnig geworden; wir sind von deinen Geboten und Rechten abgewichen.
Ach, Herr, um aller deiner Gerechtigkeit willen wende ab deinen Zorn und Grimm von deiner Stadt Jerusalem und deinem heiligen Berg. Denn wegen unserer Sünden und wegen der Missetaten unserer Väter trägt Jerusalem und dein Volk Schmach bei allen, die um uns her wohnen.
Und nun, unser Gott, höre das Gebet deines Knechtes und sein Flehen. Lass leuchten dein Angesicht über dein zerstörtes Heiligtum um deinetwillen, Herr!
Neige deine Ohren, mein Gott, und höre, tu deine Augen auf und sieh an unsere Trümmer und die Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.
Ach, Herr, höre! Ach, Herr, sei gnädig! Ach, Herr, merk auf und handle! Säume nicht - um deinetwillen, mein Gott! Denn deine Stadt und dein Volk ist nach deinem Namen genannt.
Claude Debussy - Clair de Lune - Jacob's Piano
Ansprache zum Mithören
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen!

Ich bete gerne, liebe Gemeinde.
Es klingt merkwürdig, finde ich, wenn ich das so ausdrücke, denn so formuliert man doch eigentlich in anderen Zusammenhängen: Ich esse gerne, ich gehe gerne ins Kino, ich schaue gerne Fußball - ich besuche gerne meine Eltern.
Und doch war es meine erste Assoziation und mein erstes Gefühl, als ich mir überlegt habe, wie ich mein Beten empfinde.
Ich bete gerne!
Ich war überrascht, als sich dieser Satz schließlich wie von selbst in meinen Gedanken gebildet hatte, und irgendwie musste ich ein bisschen schmunzeln über das Ergebnis. Denn es lag für mich auf der Hand, dass hier mein Herz meinem Verstand souffliert hatte, ehe der in der Lage war, seine Meinung zu äußern. Mein Verstand hätte nämlich vielleicht gesagt:
Es ist wichtig für mich zu beten.
Ich muss beten, weil mich das schon ein ganzes Leben begleitet.
Gott erwartet von mir, dass ich bete und ihm damit meine Dankbarkeit zeige.
All das spielt sicher auch für mein Herz eine Rolle, das beim Beten zwar schon immer den Ton angegeben hat aber nicht so überzeugt und vor allem nicht so froh wie in meinem jetzigen Leben.
Früher, dass muss ich zugeben, war das Beten für mich nicht selten etwas, das ich irgendwie abarbeiten musste.
Ich denke hier gar nicht unbedingt an die Tischgebete, die in meinem Elternhaus zur Selbstverständlichkeit gehörten, und auch nicht an die unzähligen Vaterunser, die ich in Gottesdiensten gebetet habe und die mir weit entfernt von ihrem Gebetsinhalt ein Gefühl der Verbundenheit mit den anderen Betenden gegeben haben.
Ich denke an mein ganz privates Beten, an die Situationen, in denen ich auf meinem Weg durch mein alltägliches Leben die Hände gefaltet habe, um mit Gott zu sprechen.
Notlagen, die mich in besonderer Weise das Beten gelehrt haben, lasse ich erst einmal ausgeklammert.
Irgendwie war ich früher beim Beten immer so ein bisschen angespannt, wenn ich es mir recht überlege, und meine Gebete folgten meist einem Muster und einem Verhaltenskodex, wenn ich das einmal so nennen soll: Erst musst du Gott danken beim Beten, so war mir das irgendwann einmal beigebracht worden, dann darfst du ihn um etwas bitten.
Und sei beim Bitten nicht unbescheiden, denn das wird Gott wahrscheinlich nicht mögen.
Schließe deine Bitte oder deine Bitten am besten mit einem „Dein Wille geschehe ab!“, damit verhinderst du, dass du aufdringlich wirkst.
Vergiss beim Beten vor allem nie, dass du ein kleiner Mensch bist, der mit einem großen Gott spricht. -
Das alles, liebe Gemeinde, hat mein Beten früher nicht wenig geprägt - zum Glück nie vollständig! Schon als Kind nämlich habe ich mir immer wieder Gebetspassagen erlaubt, in denen ich mit Gott eine ausführliche, innige und unzensierte Zwiesprache gehalten habe.
Heute steht eine solche Zwiesprache im Mittelpunkt meiner Gebete - und vor dem „Amen“ am Schluss eines Gebets, sage ich zu Gott oft: „Ich danke dir für deine Freundschaft!“
Natürlich weiß ich, dass Gott groß ist und ich klein, und dennoch sitze oder stehe ich bei meinen Gebeten mit ihm eng beieinander und wir unterhalten uns auf Augenhöhe.
Es ist ein wunderbares Gefühl, liebe Gemeinde, wenn ein großer und mächtiger Gott sich klein macht, damit ich mit ihm sprechen kann.
Irgendwie ist es eine ähnliche Situation, wie wenn große Erwachsene sich zu Kindern auf den Boden setzen, damit Vertrauen entstehen kann und Ängste wenig Platz bekommen.
Ich bin sehr froh, dass sich Gott zu mir stellt oder sogar auf den Boden setzt und mir zeigt, dass ich ihm vertrauen- und ihm alles anvertrauen kann.
Ich habe vorhin von Zwiesprache gesprochen, liebe Gemeinde, und vielleicht wird mancher und manche von Ihnen gedacht haben: „Naja, so ein richtiger Dialog ist so ein Gebet ja nicht, da die Gesprächsanteile sehr ungleich verteilt sind.
Das stimmt.
Es ist tatsächlich so, dass ich das Gespräch mit Gott führe und dass ich derjenige bin, der vor allem redet und von sich und seinem Leben erzählt.
Gott hört meistens nur zu - aber schon das ist für mich ein wirklicher Segen!
Manchmal aber, wenn ich einmal für eine kleine Weile schweige, kann ich Gott auch reden hören.
Dabei sind es nicht meine Ohren, die seine Stimme hören, sondern mein Herz hört ihn zu mir sprechen.
Was er zu mir sagt, tröstet mein Herz, weil Gott so verständnisvoll ist - oder es beruhigt mich, weil Gott mir seine Solidarität verspricht - oder es gibt mir Orientierung in einer Lage, in der ich nicht weiß, welche Richtung ich einschlagen soll.
Manchmal ist es auch so, dass mein Herz das, was Gott sagt, erst einmal nicht verstehen kann.
Mein Leben in seinem Voranschreiten entschlüsselt mir dann manchmal seine Botschaft - und manchmal bleibt mir Gott mit dem, was er zu mir sagt auch ein Rätsel.
Ich gehe davon aus, dass das auch umgekehrt gilt und sich Gott manchmal sehr darüber wundert, was ich ihm mitteile und das eine oder andere meiner Probleme beim besten Willen nicht verstehen kann.
Merken jedenfalls lässt er mich das nicht! -
Liebe Gemeinde, ich bete gerne!
Jeden Abend vor dem Schlafen bete ich, und seit einigen Jahre freue ich mich von Herzen auf diesen gemeinsamen Tagesabschluss mit meinem Gott:
Ich erzähle ihm, was mein Tag gebracht - oder auch nicht gebracht hat, und von schönen Erlebnissen berichte ich voller Dankbarkeit.
Meine Ängste und Schmerzen vertraue ich ihm an - und natürlich habe ich auch immer eine ganze Reihe von Bitten und Anliegen, die ich vortrage: Für mich, für Menschen, die mir sehr nahe stehen, für Menschen, von denen ich weiß, dass sie in der Klemme sind oder gar in ernster Not - und auch für Menschen, die mir gar nicht so nahe stehen.
Und am Ende steht bei mir so gut wie immer: „Ich danke dir für deine Freundschaft!“
Jetzt habe ich schon so lange von mir und meinen Gebetserfahrungen gesprochen, liebe Gemeinde, ich hoffe, ich habe Sie damit nicht gelangweilt und dabei genug Raum gelassen, dass auch Ihre Gebetserfahrungen zum Klingen gekommen sind:
Vielleicht geht es Ihnen beim Beten ganz anders als mir, möglicherweise können Sie dies oder das nachvollziehen - oder für Sie ist es eventuell auch so, dass das Thema „Beten“ nicht aktuell ist, weil Sie es - aus welchem Grund auch immer - irgendwann einmal beiseitegelegt haben.
Und selbst für letzteres hat Gott wahrscheinlich Verständnis und ein weites Herz.
Ich aber möchte heute wirklich Werbung machen für das Beten, das meinem Leben in guten und in schweren Zeiten hilft - und schöner macht, denn: Ich bete gern! -
Ich komme zum Predigttext, einer der Texte, die für den heutigen Sonntag, Rogate, zur Auswahl steht.
Er steht im Matthäusevangelium im 6. Kapitel, Verse 5 bis 15. Und da steht:

[Text: Mt 6,5-15]
Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, um sich vor den Leuten zu zeigen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.
Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten.
Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen.
Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.
Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.
Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
[Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.]
Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.
Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.

Liebe Gemeinde,
wer bin ich denn, dass ich diese Worte Jesu zum Thema Beten, die er im Rahmen seiner hochberühmten Bergpredigt gesprochen hat, kommentiere - ja, dass ich Bedenken anmelden möchte, wenn nicht sogar Widerspruch!
Darf man so etwas überhaupt?
Ich stelle mir vor, dass ich mich jetzt direkt an Jesus wenden könnte, werde ihn natürlich zunächst herzlich um Verständnis bitten für meine Unverfrorenheit - und dann möchte ich ihm sagen:
„Ich danke Dir von ganzem Herzen für dieses wunderbare Gebet, das Du uns ans Herz legst, nämlich für das Vaterunser.
Natürlich enthält es alles, was ein Gebet braucht, und jedes weitere Wort ist eigentlich überflüssig:
Es formuliert die Ehrfurcht vor Gott, dessen Name geheiligt werden soll, es stellt das kommende Reich über das, was es jetzt schon gibt an Reich Gottes auf Erden und es klärt, wessen Wille zu geschehen hat.
Drei wichtige Bitten sind enthalten: die um das, was für uns so nötig ist wie das tägliche Brot, die um Vergebung unserer Schuld und die um Erlösung vom Bösen oder vom Übel, wie Martin Luther es nannte.
Im Prinzip ist mit diesem Gebet tatsächlich alles gesagt, lieber Jesus.
Und dennoch möchte ich so gerne mehr Worte machen, wenn ich mit Gott spreche - oder mit dir, lieber Jesus:
Worte, die ich mir von der Seele reden möchte, Worte, mit denen ich meine Freude oder meine Verzweiflung auszudrücke - Worte, mit denen ich von mir erzählen will, mich öffnen will, um meinem Gesprächspartner zu zeigen, wie sehr ich ihm vertraue, und um ihm ganz nahe zu sein.
Natürlich rückt mich auch ein Vaterunser an meinen Gott-Freund heran, und es tut mir gut, diese fast zweitausend Jahre alten Worte zu sprechen - besonders, wenn ich mein Herz den Textinhalt bewusst mitlesen und verstehen lasse.
Und besonders schön ist es, wenn ich mit anderen zusammen - z.B. mit meiner Gottesdienstgemeinde - das Vaterunser bete.
In meinen ganz privaten Gebeten aber, lieber Jesus, möchte ich noch mehr Worte machen als in dem Vaterunser enthalten sind.
Ganz bestimmt nicht, um Gott zu beeinflussen oder zu bedrängen!
Das wäre doch ganz und gar sinnlos.
Und natürlich möchte ich ihm auch nicht auf die Nerven gehen, wenn ich in meinen Gebeten kleinteilig werde und meinen Dank, meine Bitten und vor allem meinen „Zustandsbericht“ in viele Worte fasse.
Es ist mir klar, dass Gott und Du lieber Jesus, bereits längst alles wisst von mir - ja, Ihr kennt mein Leben ja, bevor ich es überhaupt gelebt habe.
Und dennoch ist es für mich wichtig alles auszusprechen, was mich bewegt - und Euer Zuhören für mich ein kostbarer Schatz!“ -

Liebe Gemeinde,
ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass Jesus mich mit seinem Abschnitt zum Beten in seiner Bergpredigt auf eine bestimmte Art des Betens festlegen wollte.
Seine Ermahnung richtet sich doch wohl eher an diejenigen, die beim Beten ein Schauspiel veranstalten, eine Show, die unehrlich ist.
Und werden dabei Gebetsinhalte in ein Scheinwerferlicht gezerrt, die nur in einem „Kämmerlein“ gut aufgehoben sind - und zwar bei verschlossener Türe.
So etwas ist indiskret und beleidigt Gott und das Vertrauen, das er uns schenkt, wenn er sich beim Beten ganz nahe zu uns setzt.
Liebe Gemeinde,
Kritiker und Kritikerinnen des Betens geben nicht selten zu bedenken, dass Beten nicht mehr ist als ein innerpsychisches Gespräch, bei dem unsere Gedanken in einen Austausch treten.
Und alles, was wir als Stimme Gottes wahrnehmen, sind für sie nicht mehr als unsere eigenen, menschlichen Worte, die wir Gott in den Mund legen.
Meiner Erfahrung nach ist ein Gebet mehr als ein Zwiegespräch, dass ich allein mit mir selbst führe.
Auch wenn Gott selbst für mich oft weit weg ist, verborgen, fremd - und zu groß für meine menschliche Vernunft, so vertraut mein Herz unerschütterlich darauf, dass er bei mir ist, wenn ich die Hände falte und mit ihm spreche.
Nie mehr in meinem Leben möchte ich mehr auf das Beten verzichten!
Und mir ist es schier schleierhaft, wie ich die Phasen in meinem Leben, in denen ich kaum gebetet habe - und die hat es auch gegeben! - überhaupt überstehen konnte.
Heute wäre es für mich ein großer Verlust, wenn mir das Beten verloren gehen würde.
Es trägt mich durch meine Tage, durch Freud und Leid - und manchmal erzählt es mir in mein Leben in der Zeit und in der Endlichkeit etwas von der Ewigkeit.
Und das ist wunderbar! -
Übrigens: Falls es unter Ihnen welche gibt, die lange nicht mehr gebetet haben und dem Beten kaum mehr etwas zutrauen, so findet das der Gott, an den ich glaube, höchstens schade.
Böse ist er dem und der, die nicht betet, glaube ich, nicht.
Im Gegenteil: Er wartet geduldig darauf, dass sich der eine oder die andere wieder einmal bei ihm meldet.
Vielleicht ganz unbeholfen, vielleicht mit vielen Worten oder ganz wenigen.
Vielleicht nur mit einem Schweigen mit gefalteten Händen.
Oder mit einem Vaterunser.
Wenn Sie mich fragen: Es kommt der richtige Moment, wo Sie das beten wieder einmal ausprobieren können. Und gehe fest davon aus, dass es Ihnen gut tun wird!
Ich jedenfalls bete gerne!
Aber das habe ich ja schon gesagt. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.
Wir strecken uns nach dir (EG 625,1+2) Gospelsterne - BR TV Gottesdienst
Schlussgebet mit Bitten der Konfirmandinnen und Konfirmanden zum Mithören
Lasst uns beten!

Gott,
jetzt zum Ende des Hausgottesdienstes sollen noch einmal die Konfirmandinnen und Konfirmanden zu Wort kommen, die Bitten für sich, für andere und für unsere Welt zusammengetragen haben. Und die lauten so:
Lieber Gott, bitte sorge dafür, dass meine Großeltern gesund bleiben, nicht krank werden und sich mit Covid 19 infizieren. Ich fände es schrecklich, wenn sie sterben würden.
Gott, ich bitte dich, dass es meiner Familie, vor allem meinem Bruder, immer gut geht. Ich und meine Freunde sollen immer zusammenbleiben.
Gott, ich bitte dich, dass ich meine Großeltern wiedersehen kann. Und ich bitte dich auch dafür, dass das WLAN ausfällt, damit ich nicht bei den Videokonferenzen teilnehmen muss.
Gott, ich bitte dich: Lass mich irgendwie durch das Schuljahr kommen.
Gott, ich bitte dich, dass ich nicht von meiner Schule mit schweren Arbeiten überrumpelt werde.
Gott, ich bitte dich, dass du uns weiterhin beschützt und uns Gesundheit schenkst. Ich bitte dich darum, dass ich auch an schlechten Tagen Gründe habe, di mich zum Lächeln bringen.
Gott, ich bitte dich: Gib mir Mut, um am Donnerstag in die Schule gehen zu können. Und gib mir bitte Hoffnung für meine Zukunft.
Gott, ich bitte dich: Lasse uns auch weiterhin gut in dieser Zeit zurecht kommen und schenke uns Geduld und Verständnis gegenüber anderen.
Gott, bitte hilf mir dabei, immer freundlich zu sein, zeige mir immer wieder, wie toll das Leben ist und dass ich jeden Moment genießen soll.
Gott, bitte hilf doch den armen Leuten, die kein Zuhause haben, nichts zu essen und fürchterliche Schmerzen. Und den Leuten, die sich ausgeschlossen und benachteiligt fühlen. Bitte mach‘, dass alles wieder normal wird.
Gott, ich bitte dich, dass die Gewalt egal ob gegen Menschen jeglichen Geschlechts oder auch gegen Tiere durch Tierquälerei aufhört und es keine Vorurteile mehr gibt und der Klimaschutz soll sich besser durchsetzen können.
Gott, für unsere Gesellschaft, unser Land und unsere Welt bitte ich dich um Frieden.
Gott, bitte mache die Welt für Frauen ein bisschen sicherer.
Gott, ich bitte dich: Lass unsere Welt sich normalisieren und bitte sorge dafür, dass diese schreckliche Zeit vorbei geht. Ich bitte dich außerdem, dass du allen, die in dieser Zeit Unterstützung brauchen, hilfst.

In unserem stillen Gebet können wir dir, Gott, all das anvertrauen, was uns auf dem Herzen liegt…
Irisches Segenslied: Möge die Straße… gesungen vom Jungen Chor „Lichtblick"
Wir bitten um Gottes Segen!

Der Herr segne uns und behüte uns;
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns
und sei uns gnädig;
der Herr erhebe sein Angesicht auf uns
und gebe uns Frieden. Amen.