Tageslosung
Die Herrnhuter Tageslosung
Hausgottesdienst am 2. Sonntag vor der Passionszeit, den 07.02.2021

von Pfarrer Jochen-M. Spengler
Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein [EG 166] Choralfantasien - Bearbeitungen für Blechbläser
Liebe Gemeinde,
ich begrüße Sie herzlich zu unserem heutigen Hausgottesdienst am Sonntag Sexagesimae, und das ist der zweite Sonntag vor der Passionszeit.
Ich hoffe, Ihnen geht es so gut wie möglich - und Sie gießen das zarte Pflänzchen der Geduld, das für uns so wichtig ist in dieser Zeit, regelmäßig mit der einen oder anderen guten Nachricht, mit etwas, das Ihnen so richtig gut tut, vielleicht einem schönen Film im Fernsehen, einem leckeren Essen - oder auch mit einem kleinen Gebet tagsüber, in dem Sie Gott spontan erzählen, was gerade so los ist bei Ihnen.
Solche Gebete haben sich fast unbemerkt in meinen Corona-Alltag geschlichen, und sie tun mir gut, erfüllen mich immer wieder mit Hoffnung und Zuversicht - und stärken meine Vorfreude auf die Zeit nach Corona: wann auch immer sie beginnen- und wie auch immer sie aussehen wird. -
Wie sieht es bei mir aus?
Am vergangenen Dienstag habe ich wieder mit meinen Konfirmandenstunden begonnen. Mit aller Vorsicht und unter strenger Beachtung aller Maßnahmen des Gesundheitsschutzes haben wir uns in unserer Buchschlager Kirche für eine Stunde getroffen.
Die Teilnahme an der Konfirmandenstunde ist bis auf weiteres vollkommen freiwillig, aber es sind nahezu alle gekommen.
Wir haben uns zu Beginn ein bisschen gegenseitig erzählt, was wir in der Lockdown-Zeit als größte Belastung erleben, und die einhellige Meinung der Jugendlichen war: der fehlende Kontakt zu anderen Menschen - vor allem auch zu Gleichaltrigen.
Dann haben wir einen Blick zurück geworfen auf das Weihnachtsfest und danach geschaut, was im Jahr 2020 anders war als sonst. Und das war einiges, was die Konfirmandinnen und Konfirmanden zu berichten hatten - allerdings keineswegs nur Negatives.
Mein Weihnachtsfest, Sie werden sich das vorstellen können, liebe Gemeinde, war geradezu völlig anders als sonst.
Keine brechend vollen Festgottesdienste mit mächtigem Gemeindegesang, stattdessen stille und nachdenkliche Feiern mit gerade einmal je fünfzig Gästen in unserer Kirche. Dazu eine laufende Kamera, die unsere Weihnachtsgottesdienste per Youtube in die Wohnzimmer unserer Gemeindeglieder bringen sollte.
Und dann war auch noch der Hessische Rundfunk mit einer Reporterin und einem Kamerateam bei uns, um Interviews zu machen und einen Teil des Gottesdienstes zu filmen, und so habe ich dann - und das habe ich an einem Heiligabend wahrhaftig noch nie getan - um 19.30 Uhr zusammen mit meiner Frau die Hessenschau geguckt.
Ich habe mich dabei sehr über die gesendeten Interviews gefreut, bei denen sich „meine“ Gemeindeglieder sehr differenziert und gestanden dazu geäußert haben, dass bei uns Präsenzgottesdienste stattfinden, während sie fast überall abgesagt worden sind. Die bewegten (und bewegenden!) Bilder aus unserer weihnachtlich-hell-erleuchteten Kirche haben mir gut gefallen, und ich muss zugeben, dass ich ein bisschen stolz war, Pfarrer in einer solchen Kirche zu sein.
Natürlich war der Bericht journalistisch zugespitzt:
Auf halber Strecke wurde ein Virologe eingeblendet, der sich nicht wenig kritisch darüber äußerte, dass es Gemeinden gibt, die an Weihnachten doch tatsächlich Präsenzgottesdienste anbieten.
Und auch das Relief über unserer Eingangstüre wurde journalistisch instrumentalisiert:
„KOMMET HER ZU MIR ALLE - seltsam mutet er derzeit an, der Bibelspruch über der Eingangstüre der Ev. Versöhnungsgemeinde“, so begann die Mitarbeiterin des Hessischen Rundfunks ihren Beitrag für die Hessenschau.
Ich bin ihr dankbar dafür, dass sie mir damit - eher unbeabsichtigt - diesen Vers wieder ans Herz gelegt hat, der von mir viel zu oft unbemerkt bleibt, wenn ich in die Buchschlager Kirche gehe. Wie das so ist mit den wirklich wichtigen Dingen im Leben: Sie sind so selbstverständlich, dass man gelegentlich fast vergisst, wie wertvoll sie sind!
Ich werde Ihnen heute in meiner Ansprache einiges erzählen über unsere Kirche, über die Gottesdienste dort - und auch etwas über den Bibelvers über der Eingangstüre.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Hausgottesdienst und eine gute Woche, die uns allen Tag für Tag ein bisschen mehr Tageslicht schenken wird. Herrlich!

Ich grüße Sie herzlich
Ihr Pfarrer Jochen-M. Spengler
Wir feiern unseren Hausgottesdienst:
Im Namen Gottes, der Quelle unseres Lebens, die uns gibt, was wir zum Leben brauchen.
Im Namen Jesu Christi, unserem Freund und Bruder, durch den uns Gott etwas von seinem Wesen und seiner Liebe zu uns Menschen gezeigt hat.
Und im Namen des heiligen Geistes, einer Kraft, die uns in Gemeinschaft zusammenhält und an schönen Tagen so richtig glücklich macht - und an traurigen Tagen die Zuversicht nicht verlieren lässt. Amen.

Wir lesen Psalm 27:
Der Herr ist mein Licht und mein Heil;
vor wem sollte ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Kraft;
vor wem sollte mir grauen?
Eines bitte ich vom Herrn, das hätte ich gerne:
dass ich im Hause des Herrn bleiben könne mein Leben lang,
zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn
und seinen Tempel zu betrachten.
Denn er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit,
er birgt mich im Schutz seines Zeltes und erhöht mich auf einen Felsen.
Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe;
sei mir gnädig und erhöre mich!
Mein Herz hält dir vor dein Wort: „Ihr sollt mein Antlitz suchen.“
Darum suche ich auch, Herr, dein Antlitz.
Verbirg dein Antlitz nicht vor mir, verstoße nicht im Zorn deinen Knecht!
Denn du bist meine Hilfe; verlass mich nicht
und tu die Hand nicht von mir ab, Gott, mein Heil!
Denn mein Vater und meine Mutter verlassen mich,
aber der Herr nimmt mich auf.
Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde
die Güte des Herrn im Lande der Lebendigen.
Harre des Herrn!
Sei getrost und unverzagt und harre des Herrn!
Lasst uns beten!
Gott,
auch wenn die Gegenwart mit all ihren Beschränkungen vielen Menschen einen neuen Lebensrhythmus beschert, und es auf dem Weg durch den Alltag vielleicht für den einen oder die andere mehr Ruhephasen gibt, so bleibt dennoch bei nicht wenigen das Gefühl bestehen, unter Druck zu stehen und gejagt von den vielen Anforderungen, die das Leben an uns stellt. Und dazu gehören beileibe nicht nur die beruflichen.
Gott, mache in uns die Sehnsucht groß, unsere Ruhephasen tatsächlich zu nutzen und jeden Tag innezuhalten, um nach innen zu schauen: in unser Herz und in die Tiefe unserer Seele.
Dort werden wir dich finden.
Und hilf uns dabei, den großen Wert unserer Gottesdienste zu erkennen, mit denen du uns sonntags ein Stunde Pause vom alltäglichen Leben schenkst, in der wir uns bei dir erfrischen können.
Das bitten wir dich, Gott, durch Jesus Christus, unseren Freund und Bruder.
Amen.
Ansprache zum Mithören
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.
Amen

KOMMET HER ZU MIR ALLE,
das steht über der Eingangstür zu unserem Gotteshaus, liebe Gemeinde - und dass ich hier Gotteshaus sage, liegt daran, dass Kirche nun einmal nichts Anderes heißt als Gotteshaus oder Haus des Herrn, da kommen alle wortgeschichtlichen Untersuchungen zu demselben Ergebnis.
Gegen den Begriff Kirche habe ich an sich gar nichts, liebe Gemeinde, wie auch - aber Kirche ist missverständlicher als Gotteshaus.
Kirche meint irgendwie immer auch die verfasste Kirche mit, die Institution, das Kirchenvolk als soziologische Größe und die Geschichte der Kirche, in der es viel Licht und viel Schatten gab, so viel Schatten, dass Kirchenkritiker das viele Licht gern übersehen.
Gotteshaus, Haus Gottes, klingt in manchen Ohren, auch in meinen, erst einmal ein bisschen altmodisch und fromm.
Beim zweiten oder dritten Hinhören - und Hineinhören in diesen Begriff, fängt er aber an, mir gut zu tun:
Er bringt das auf den Punkt, nach was ich mich im tiefsten Innersten sehne, wenn ich in die Kirche gehe, und trennt die Hauptsache von Nebensächlichem.
Gott möchte ich nämlich begegnen in seinem Haus, in dem eine andere Hausordnung gilt als in den Häusern der Welt:
Eine Hausordnung Gottes, deren Paragraphen so eindeutig sind, dass sie mir in den Entscheidungssituationen meines Lebens eigentlich ganz klar den Weg weisen könnten, auch wenn ich das manchmal leider zu spät begreife.
Und dazu Paragraphen, die so freundlich und verständnisvoll sind, dass sie mich, auch wenn die Ordnungen der Welt mich hundertmal zurecht oder zuunrecht als unordentlich oder gar misslungen disqualifizieren, trotz allem liebenswert finden: der Liebe wert. -
KOMMET HER ZU MIR ALLE.
Ich war wirklich erstaunt, liebe Gemeinde, wie wenig Menschen, die ich im Laufe meiner Zeit hier als Pfarrer nach der Überschrift zu unserer Kircheneingangstüre gefragt habe, mir tatsächlich sagen konnten, was dort geschrieben steht.
Das hätte ich immerhin gewusst.
Was das Relief darunter abbildet, das hätte ich nicht präzise beantworten können, denn irgendwie vergesse ich das immer wieder.
Und das geht vielen so.
Die meisten erinnern sich immerhin daran, dass da so ein düsteres Bild zu sehen sei, auf dem ein paar Menschen und auch Jesus dargestellt wären und nicht selten fallen Begriffe wie „bedrückend“ und „depressiv“
KOMMET HER ZU MIR ALLE.
Liebe Gemeinde,
ich habe mir das Relief Anfang des neuen Jahres noch einmal - und zum soundsovielten Mal! - ganz genau angeschaut, als ich am Sonntagmorgen in Buchschlag um 10 Uhr die Glocken angestellt habe als Zeichen dafür, dass die Hausgottesdienste in den Familien nun beginnen können.
Sie können sich das Relief übrigens jetzt auch ansehen, denn Holger Semsroth, der sich dankenswerter Weise um das Einstellen der Hausgottesdienste auf unsere Homepage kümmert, hat ein Foto davon als „Eingangstüre zum Hausgottesdienst“ und Anklickfläche für das Eingangslied gewählt.
Was ist zu sehen?
Unter dem Text sind sechs Personen zu erkennen:
Dominierend, wenn auch nicht in der Mitte sondern deutlich nach links verschoben, so dass das Bild ein wenig zu kippen scheint, ist Jesus.
Er hat einen großen Heiligenschein, seine Arme sind weit ausgebreitet und er hat überproportional große Hände.
Links von ihm steht ein älterer oder alter Mann, man erkennt das an dem schütteren Haarwuchs. Er wendet sich hilfesuchend an Jesus.
Rechts von Jesus sieht man einen jüngeren Mann, zwei Frauen und ein Kind.
Alle Personen sind deutlich auf Jesus hin orientiert.
Was mir auffällt, ist, dass Jesus seine Hände vor den Menschen ausgebreitet hat, die sich an ihn wenden. Sie stehen also hinter seinen Armen.
Irgendwie stört mich das ein wenig.
Es wirkt abweisend, ja fast ein bisschen desinteressiert.
Natürlich ahne ich, was der Künstler, Friedrich Stein, mit dieser Formation ausdrücken möchte:
Jesus hat seine Arme einladend ausgebreitet, und alle, wir alle, liebe Gemeinde, können und sollen zu ihm kommen - so wie die dargestellten fünf Menschen in ihren unterschiedlichen Alters-, Geschlechts- und Lebenssituationen mit all den spezifischen Attributen, die auch so weh tun können.
Trotzdem, das muss ich zugeben, hätte es mir besser gefallen, wenn Jesus seine Arme um die fünf Menschen gelegt hätte, die sich so vertrauensvoll an ihn wenden. Nicht exklusiv, andere ausschließend, sondern so, dass noch Platz ist für uns, für alle.
Und Jesus kann seine Arme doch so weit ausbreiten, liebe Gemeinde! -
Warum das Relief auf viele düster wirkt, ist leicht auszumachen:
Alle Personen, Jesus eingeschlossen, haben keinerlei Augenkonturen.
So werden normalerweise Blinde dargestellt, geht es mir durch den Kopf.
Oder Tote.
Ja, Skulpturen solcher Art findet man auf Friedhöfen.
Dort soll vielleicht damit ausgedrückt werden, dass den Menschen, die dort ruhen, nun tatsächlich jede Unruhe genommen ist, jegliches unruhige Umherschauen im Leben und jeder suchende und fiebrige Blick in die Zukunft, weil der Blick nach innen geht, weil der Blick zu Gott geht, auf dem er in Ewigkeit ruhen darf. -
Sollen wir etwa, wenn wir in unser Gotteshaus gehen, die Augen schließen, ja, die Augen zumachen!, frage ich mich, um für eine Stunde das kosten zu können, was Gott uns für die Ewigkeit verspricht?
Ich merke Widerstände in mir.
Ich bin jemand, der mit offenen Augen und Ohren durchs Leben geht, und einer der viel zu oft (an-)gespannt und sprungbereit ist.
Und so komme ich auch ins Haus Gottes.
Natürlich helfen mir das Singen und Beten ein wenig, zur Ruhe zu kommen, vor allem wenn ich beim Beten die Augen schließe.
Gemächlichkeit breitet sich wohltuend in mir aus, wenn ich die uralten Texte höre, die vom Jubeln und Leiden der Menschen erzählen, die unverdrossen übten, ihr Leben Hand in Hand mit ihrem Gott zu gehen - auch wenn sie beim Griff nach der Hand des mächtigen Schöpfers und geliebten Freundes und Bruders manchmal ins Leere fassten.
Aber richtig weglassen kann ich mein Leben mit all seinen Themen, Freuden und Schmerzen im Gottesdienst nur selten.
Ja, manchmal geht es gar nicht.
Denn ich versuche manchmal ziemlich verkrampft, Fragestellungen meines Alltags, Probleme und Konflikte im Haus Gottes mit seinem Wort und unter seinem Licht zu lösen und zu beleuchten, statt den Werktag einmal für eine Stunde komplett auszublenden - um mich an Gottes Ewigkeit zu erfrischen. -
KOMMET HER ZU MIR ALLE,
so steht es in Lahnmarmor Grafenstein gemeißelt über dem Portal zu unserem Gotteshaus.
Natürlich wissen die meisten von Ihnen, liebe Gemeinde, dass diese Einladung Teil eines bekannten Verses aus dem Matthäusevangelium ist.
Dort steht im 11. Kapitel als Vers 28:
„Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid;
ich will euch erquicken.“
Mühselig und beladen wirken die Figuren des Reliefs tatsächlich, sieht man vielleicht einmal von dem Kind ab. Ihre Körperhaltung ist gebückt, und ihre Augen sind, wie gesagt, leer und vollkommen ausdruckslos.
Ganz anders als die Augen derjenigen, die in den vergangenen über sechs Jahrzehnten der Einladung Jesu gefolgt und hierher gekommen sind in unser Gotteshaus.
Lachende Augen gab es da, vom Weinen gerötete Augen, solche, die vor Freude glänzten, trübe und müde Augen - und Augen, die auf der eifrigen Suche nach einem freundlichen Blick waren, weil sie sich an der Einsamkeit satt gesehen hatten.
Es sind nicht nur mühselige und beladene Menschen, die in Gottesdienste gehen, die in unser Haus Gottes hier im Buchweg kommen, liebe Gemeinde, auch wenn ich bisweilen das Gegenteil behaupte.
Wenn mich Menschen als Pfarrer provozieren wollen, sagen sie nämlich gerne zu mir:
„Es geht doch heutzutage eh kein Mensch mehr in die Kirche.“
„Doch, doch“, sage ich dann, „es sind jeden Sonntag eine ganze Reihe bei uns versammelt.“
„Aber das sind doch fast nur Alte oder Kranke, die da hingehen“, wird dann nicht selten hochnäsig nachgelegt - und manchmal tappe ich in diese Falle hinein und stelle ärgerlich fest, dass uns genau die am wichtigsten sind, denn in den Evangelien würde ich eben vergeblich nach Stellen suchen, in denen berichtet wird, dass die Gesunden und die Glücklichen sich bei Jesus einfinden. „Die Mühseligen und die Beladenen kommen“, so schließe ich meine Verteidigungsrede gerne ab.
Und das ist falsch.
Falsch dann, wenn unter mühselig und beladen nur die verstanden werden, die unter einem besonders schweren Schicksal zu leiden haben.
Die hat Jesus an dieser Stelle im Matthäusevangelium aber keineswegs bevorzugt im Blick.
Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und mich gründlich mit dem Wortlaut des griechischen Urtextes dieses Verses beschäftigt.
Ein ganzes Stück entfernt von der lutherischen Poesie dieser Stelle kam bei mir schließlich folgende Übersetzung heraus, übrigens ganz ähnlich wie die der BIBEL IN GERECHTER SPRACHE:
Wohlauf, kommt doch alle her zu mir,
die ihr euch müde gearbeitet habt und belastet seid.
[Kago anapauso hümas] - ich werde euch eine Pause geben.
Wenn man diesen Vers so liest, dann sind mit der Einladung Jesu zu sich nicht nur die vom Leben besonders hart Geschlagenen gemeint, sondern wir alle, liebe Gemeinde:
KOMMET HER ZU MIR ALLE,
die ihr euch im Leben abmüht - gerade auch jetzt in dieser anstrengenden Coronazeit,
die ihr tapfer darum kämpft, mit Anstand älter und alt zu werden, die ihr mehr Kraft verbraucht als ihr habt in Beruf oder Familie, die ihr ängstlich das Leben lernen müsst in einer Welt, die aus viel zu viel schlechten und bedrohlichen Nachrichten zu bestehen scheint.
KOMMET HER ZU MIR ALLE - ICH GEBE EUCH EINE PAUSE.
Ich finde, das klingt wunderbar - und es verändert mein Verständnis von Gottesdienst in diesen Tagen erheblich:
Ein Aufenthalt im Haus Gottes - und ich hoffe sehr, dass wir uns bald wieder zu Präsenzgottesdiensten in unserer Kirche werden treffen können, liebe Gemeinde, das ist eine Pause vom Leben, ein Innehalten, ein Stillwerden und zum Stillstand kommen, damit Gott zum Zuge kommen kann!
Übrigens sollte diese Pause keineswegs im Sinne einer Halbzeitpause im Fußball verstanden werden, in der der Trainer eine Halbzeitansprache hält, um seine Spieler wachzurütteln und eine neue Strategie und Taktik für die zweite Hälfte auszugeben.
Die Pause im Haus Gottes ist eine Pause um der Pause willen, weil es einfach wohl tut anzuhalten und das Hamsterrad des Lebens eine Stunde zu verlassen, um das Glück und die Ruhe der Ewigkeit zu schmecken.
Eigentlich ließe sich die Pause ja sonntags noch eine ganze Weile über die eine Gottesdienststunde hinaus ausdehnen - auch jenseits des Gotteshauses und Zuhause, bis uns Anne Will und ihre Gäste dann gegen zweiundzwanzig Uhr wieder in die Niederungen alltäglicher Probleme hinüberplaudern und über Impfstoffproduktion und Siebentagesinzidenzen diskutieren.
Aber vielleicht ist eine solche lange Sonntags- und Sabbathpause vielen Menschen heutzutage einfach zu lang.
Aber eine Stunde Pause, liebe Gemeinde, die ist goldwert.
Das weiß ich.
Eine Stunde Pause, eine Rast vom Leben, eine Stunde Ewigkeit im Haus Gottes.
KOMMET HER ZU MIR ALLE.
Amen.

Und die Liebe Gottes, die größer ist als unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.
Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn - instrumental von der Orgel (Text zum Lesen EG 363,1+2+7)
Gott,
wir danken dir dafür, dass du uns zu dir einlädst:
in deine Gotteshäuser, wo du uns erfrischst, indem du Zeit und Ewigkeit einander begegnen lässt;
zu Augenblicken der Andacht in unserem Alltag, bei denen du in unseren Wohnungen bist und uns einen freien Platz neben dir anbietest. Dort können wir uns hinsetzen, können erzählen von unseren Hoffnungen, Träumen und Sorgen - und du wirst Freud und Leid mit uns teilen und wirst uns ein liebevoller Tröster und weiser Ratgeber sein.
Wir danken dir von Herzen für deine Einladungen und Angebote, die in unser Leben Glaube, Hoffnung und Liebe säen. -
Wir bitten dich heute besonders für all die Menschen, die sich in ihrem Leben nur schwer darauf einlassen können, einmal inne zu halten, um zu sich und zu dir zu kommen.
Lass uns mit unseren guten Erfahrungen bei ihnen werben und ihnen feinfühlig einen Weg zu dir zeigen.
Und wir bitten für die Menschen, die derzeit in Not sind:
kranke, einsame und verzweifelte Menschen - alte und junge;
eingeschüchterte, unterdrückte und verfolgte Menschen - alte und junge;
traurige, ängstliche und bedrückte Menschen - alte und junge;
getriebene, gejagte und überforderte Menschen - alte und junge.
Gott, lass uns mit wachsamen Augen die Not anderer wahrnehmen und empfindsam helfen, wo immer wir das können.
Dazu mache uns stark!

In unserem stillen Gebet können wir dir, Gott, jetzt all das anvertrauen, was uns auf dem Herzen liegt…
Wir bitten um Gottes Segen!

Der Herr segne uns und behüte uns;
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns
und sei uns gnädig;
der Herr erhebe sein Angesicht auf uns
und gebe uns Frieden. Amen.
La paz del Senior - Bewahre uns Gott (EG 171,1-4 - Orginalversion Pfr. Eugen Eckert)