Tageslosung
Die Herrnhuter Tageslosung
Hausgottesdienst Sonntag Estomihi 14.2.2021
von Pfarrerin Ingeborg Verwiebe
Liebe Gemeinde,
herzlich willkommen zum Gottesdienst am Sonntag Estomihi!

Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.
Lk 18,31

Herzlich willkommen zum Gottesdienst am Sonntag mit dem Namen „Estomihi“. Es ist der lateinische Anfang eines Satzes aus dem Psalm, den wir heute beten: Sei mir ein starker Fels und eine Burg! Festen Grund unter den Füßen und Schutz, das brauchen wir jetzt. Da wird sich Gott nicht lange bitten lassen!

Wir hoffen, einen ökumenischen Gottesdienst in Präsenz feiern zu können: Den Weltgebetstag am Freitag, den 5. März, um 18 Uhr in der Kath. Kirche St. Stephan in Sprendlingen. Bitte melden Sie sich dafür im katholischen Pfarrbüro an, telefonisch (63099) oder per Mail (pfarrbuero (at) kath-dreieich (dot) de). Wenn Sie den Weltgebetstag mitfeiern, aber nicht in die Kirche kommen möchten oder können, gibt es die Möglichkeit, sich ein kleines Weltgebetstags-Päckchen in unserer Gemeinde abzuholen – bitte melden Sie sich dafür in einem unserer Gemeindebüros (34262 oder 67642).
Oder feiern Sie den Gottesdienst mit, der in der Ev. Dornbuschgemeinde in Frankfurt aufgezeichnet wird. Ab dem 3. März eingestellt auf https://www.evangelischefrauen.de.


Wir feiern unseren heutigen Gottesdienst
im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen
Lasst uns mit den Worten des Psalms 31 beten:

Herr, auf dich traue ich,
laß mich nimmermehr zuschanden werden,
errette mich durch deine Gerechtigkeit!

Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends!
Sei mir ein starker Fels und eine Burg,
daß du mir helfest!

Denn du bist mein Fels und meine Burg,
und um deines Namens willen
wollest du mich leiten und führen.
Du wollest mich aus dem Netze ziehen,
das sie mir heimlich stellten;
denn du bist meine Stärke.

In deine Hände befehle ich meinen Geist;
du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott.

Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte,
daß du mein Elend ansiehst
und nimmst dich meiner an in Not

und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes;
du stellst meine Füße auf weiten Raum.

Ich aber, Herr, hoffe auf dich und spreche:
Du bist mein Gott!
Meine Zeit steht in deinen Händen.

Errette mich von der Hand meiner Feinde
und von denen, die mich verfolgen.

Laß leuchten dein Antlitz über deinem Knecht;
hilf mir durch deine Güte!

Amen

Ps 31, 2-6.8-9.15-17 (EG 716)
Laßt uns beten!

Du unser Gott, auf welchen Wegen gehen wir?
So viele Richtungen, die wir einschlagen können,
so viele Stimmen, die uns sagen wo es lang geht.
Und manchmal so viel Angst und Verzagtheit in uns.
Keine Kraft, einen Fuß vor den anderen zu setzen
auf diesen steinigen Pfaden.
Zu kleine Liebe, zu wenig Mut.
Zu viele Verletzungen.

Verwundbarer Gott,
im Sterben Jesu nimmst du teil am Leiden der Welt.
Weil du uns liebst und nicht loslässt.
Lass uns mit Jesus nach Gerechtigkeit hungern und dürsten
und gegen allen Widerstand dafür einstehen.
Du bist unsere Hoffnung, jetzt und in Ewigkeit.

Amen.
Predigt 14.02.2021 zum Mithören
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus!

PREDIGTTEXT AUS DER BIBEL IN GERECHTER SPRACHE BIGS 2011
Das Buch Jesaja 58,1-9a
1Ruf aus voller Kehle, halte nicht zurück!
Erhebe deine Stimme wie ein Widderhorn!
Halte meinem Volk ihre Vergehen vor
und dem Haus Jakob ihre Verfehlungen.
2Nach mir forschen sie täglich und sie wünschen, meine Wege zu erfahren,
als wären sie ein Volk, das Gerechtigkeit tut
und das von seiner Gottheit gesprochene Recht nicht verlässt.
Sie fordern von mir gerechte Urteile, und Gottes Nähe wünschen sie.
3„Warum haben wir gefastet, aber du siehst es nicht an?
Wir haben uns gedemütigt, aber du erkennst es nicht an!“
Schau: Am Tag eures Fastens findet ihr zwar Gefallen,
aber alle in eurem Frondienst treibt ihr weiter an.
4Schau: Zum Streiten und Auspressen fastet ihr
und um mit gewalttätiger Faust dreinzuschlagen.
Ihr sollt nicht so wie jetzt fasten,
wenn eure Stimme in der Höhe erhört werden soll.
5Soll das etwa ein Fasten sein, wie ich es mir aussuche:
Ein Tag, an dem sich die Menschen demütigen?
Sollen sie etwa wie Binsen den Kopf hängen lassen,
sich in Sack und Asche betten?
Wird etwa so etwas ein Fasten genannt und ein Tag, der Gott gefällt?
6Ist nicht dies ein Fasten, wie es mir gefällt:
Unrechtsfesseln öffnen, Jochstricke lösen,
Misshandelte als Freie entlassen, jedes Joch zerbrecht ihr!
7Geht es nicht darum? Mit Hungrigen dein Brot teilen,
umherirrende Arme führst du ins Haus!
Wenn du Leute nackt siehst, bekleidest du sie,
vor deinen Angehörigen versteckst du dich nicht.
8Dann wird dein Licht wie die Morgenröte hervorbrechen,
eilends wächst deine Wunde zu.
Dann wird deine Gerechtigkeit vor dir hergehen,
der Glanz Gottes sammelt dich auf.
9Dann wirst du rufen, und Gott wird dir antworten.
Du schreist um Hilfe, und Gott wird sagen: „Hier bin ich!“


Laut rufen
Liebe Gemeinde,
Ihr wollt Gerechtigkeit? Ruft danach! Laut und durchdringend. Mit einer Stimme wie ein Widderhorn, ein Shofar. Es hat seinen Platz im jüdischen Gottesdienst. Ein kraftvoller Klang, der durch Mark und Bein geht.
Ein verheißungsvoller Klang. Wo er zu hören ist, versammeln sich Menschen. Hören hin:
„Ihr wollt Recht, eine gerechte Welt? Sagt, was falsch läuft! Und hört darauf. Zeigt Alternativen auf! Und lebt sie.
Dann wird dein Licht wie die Morgenröte hervorbrechen,
eilends wächst deine Wunde zu.
Dann wird deine Gerechtigkeit vor dir hergehen,
der Glanz Gottes sammelt dich auf.“

Prophetie
Der Prophet Jesaja, eigentlich Jesaja III, ist laut geworden.
Vielleicht an einem Freitag: „How dare you?“
Und die Menschen bleiben stehen im winterlichen Jerusalem. Kalt ist es, hier und da ist der Rauch eines Feuers zu sehen. Heimelig aber ist das nicht. Eher beißender Qualm zwischen Ruinen. Alle streben nach einem geschützten Platz. Ziehen sich zurück in das, was ihnen als Behausung dient.

Aber jetzt bleiben sie stehen. Betroffen. Der Prophet ruft aus voller Kehle.
Er legt den Finger in die Wunde. Nein, die ist nicht zugewachsen.

Eine Zeit nach der Katastrophe. Und doch ist sie nicht vorbei. Sie sind zurückgekehrt aus dem erzwungenen Exil. Nach mehreren Generationen. In eine Heimat, die ihnen fremd ist. Eine kaputte Stadt.
Die soziale Spaltung ist so weit fortgeschritten, dass es wenige Reiche und viele Bettelarme gibt.
Ja, die unmittelbare Bedrohung ist vorbei. Aber die Angst ums wirtschaftliche Überleben nicht. Dahinleben in „resignierter Sicherheit“, nur auf wirtschaftliches Vegetieren bedacht. So beschreibt der Theologe Gerhard von Rad diese Zeit nach der Rückkehr aus dem Exil in Babylon.

Den Kopf senken
Jesaja ist Seelsorger, schon lange. Sieht, wie sich die Leute eingerichtet haben. Abgefunden. In sich selbst zurückgezogen.
Er kennt die Namen und die Gesichter, die Geschichten und die Konflikte.
Er beobachtet ihre religiösen Praktiken. Ihre Bewältigungsstrategien. Und fragt nach. Holt ihre Motive ans Licht.
„Stellt ihr euch nicht selbst dar? Selbstoptimierung.
Mit eurem Fasten. Mit eurer Achtsamkeit. „Das tut mir gut“, sagt ihr. Religion als Wellness für die Seele. Dafür ist der Glaube doch da, damit ich Schwieriges bewältigen kann. Die Selbstheilungskräfte stärken.
Da bleibt ihr stehen. Bei euch selbst.
Und das ist euer Vergehen! Eure Selbstzufriedenheit. Ihr seht nur euch selbst. Nicht weiter. Den Kopf nach unten senken in frommer Meditation. Dafür wollt ihr bewundert werden.

Die Faust ballen
Aber was ist zu sehen? Ihr bedrückt alle eure Arbeiterinnen und Arbeiter! Ihr macht Geschäfte auf dem Rücken von Menschen! Ihr schlagt zu mit der Faust.
Lässt sich mit Faustrecht etwas erzwingen? Eine Hoffnung? Ein Mensch? Gott?“

Anklage
Eine Frau aus dem Publikum geht nach vorne. Schaut Jesaja aufgebracht an und sagt: „Ich klage Gott an: Wir machen doch alles! Aber du, Gott, siehst es nicht! Du bleibst uns das Heil schuldig! Unsere Wunden heilen nicht. Wir bekommen kein Recht.“

Der Weg zur Gerechtigkeit
Die Stille ist nur kurz. Jesaja antwortet, in Gottes Namen:
„Ja, es ist nicht heil. Kein Licht über Jerusalem. Du bist enttäuscht.
Aber es liegt in eurer Hand. Unter euren Füßen der Weg zur Heilung. Nur ein Weg: Loslassen! Freigeben! Die du mit Unrecht gebunden hast. Gott sieht sehr wohl, was hier passiert.
„Ein Fasten, an dem Gott Gefallen hat, heißt das nicht: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!
„Hebt den Kopf. Schaut nicht auf euch selbst. Seht einander in die Augen!“

Ein Schritt in die Gegenwart
Jesaja spricht die Reichen an. Sagt deutlich, was auch andere Prophetinnen und Propheten sagen. Und die 5 Bücher Mose.
Den Hungrigen und den Obdachlosen helfen, das ist kein Almosen aus der Güte der Besitzenden. Sondern Rechtsanspruch der Bedürftigen. Göttliches Recht.

Weitere Schritte
Schritte in die richtige Richtung gehen. Und seien es kleine Schritte. Achtsame – jetzt nicht mich selbst ausbeuten.
Sich die Schokolade gönnen. Und zwar die mit Kakao aus fairer Produktion, gut für die Herkunftsländer, für Mensch und Natur.

Zum Beispiel. Sicher fallen Euch, Ihnen auch welche ein.
Stoff auch für ein Fasten-Vorhaben in der kommenden Passionszeit, wenn wir möchten.
Davon erzählen, Ideen miteinander teilen. Laut rufen nach Recht und Gerechtigkeit! Das wird gehört: Vor kurzem wurde ein Lieferkettengesetz beschlossen – schaut mal nach unter „Initiative Lieferkettengesetz“.

Schließlich sind wir alle Menschen. Miteinander verwandt. Verbunden, vernetzt. Damals in Jerusalem und heute in der globalisierten Welt. Wie Jesaja sagt: „Vor deinen Angehörigen versteckst du dich nicht“.

Brot teilen und Türen öffnen. Ins Haus führen und bekleiden. Licht ins Dunkel bringen.
Jesus hat das getan. Das Licht der Welt. Der von sich sagt „Ich bin das Brot. Ich bin die Tür.“ Zu den vielen Wohnungen in Gottes Haus.

Morgenröte

„Dann wird dein Licht wie die Morgenröte hervorbrechen, eilends wächst deine Wunde zu.
Dann wird deine Gerechtigkeit vor dir hergehen,
der Glanz Gottes hebt dich auf.“
Was für eine schöne Vorstellung. Jetzt, wo ich mich manchmal so angestrengt und am Boden fühle. Der Glanz Gottes hebt mich auf. Stellt mich auf die Füße. Auf Gerechtigkeitswege. Verheißungsvolle Morgenröte – wir haben noch was vor! Licht und Wärme im winterkalten Jerusalem. In unserem Winter.

Rufen – erhört werden
Die Stimme trainieren. Nicht aufhören, Gerechtigkeit zu fordern. Es bringt etwas!
Es liegt Verheißung darauf: „Dann wirst du rufen, und Gott wird dir antworten.“
Wenn du um Hilfe rufst, wird Gott sagen: Hier bin ich! Bei dir.
Unsere Hilferufe, sie werden gehört. Bleibt geduldig, Gerechtigkeit kommt. Gott ist bei uns.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, zu dem wir gehören.

Amen.
+75 Da berühren sich Himmel und Erde .... Musik ist erst ab Sekunde 16 zu hören. Der Dirigent am E-Piano ist der Komponist des Liedes, wenn ich das richtig sehe.
Lasst uns Fürbitte halten:

Gott, du behütest dein Volk,
dir liegen die Menschen am Herzen,
dir liegt unsere ganze Welt am Herzen.

Wir rufen zu dir und bitten für alle Frauen, Männer und Kinder,
die Unrecht erleiden und Gewalt erfahren,
die Opfer von Misshandlung werden
und deren Würde mit Füßen getreten wird.

Gott des Lebens – wir bitten dich, erhöre uns.

Wir rufen zu dir und bitten für alle,
die nicht genug zu essen haben und kein Zuhause,
kein Dach über dem Kopf.
Wir bitten für alle Menschen auf der Flucht.
Wir bitten für die Menschen in Myanmar,
die sich wehren gegen den Putsch
und die Absetzung ihrer Regierungschefin.
Schaffe ihnen Recht!

Gott des Lebens - wir bitten dich, erhöre uns.

Wir rufen zu dir und bitten für alle,
deren Arbeitskraft ausgebeutet
und nicht angemessen entlohnt wird,
für alle, die unter entwürdigenden Bedingungen arbeiten müssen.
Wir bitten auch für alle, die arbeitslos sind
und für die, die keinen Ausbildungsplatz finden.

Gott des Lebens – wir bitten dich, erhöre uns.

Wir rufen zu dir und bitten für alle,
die krank sind. Steh ihnen bei.
Heile ihre Wunden.
Wir denken besonders an erkrankte Mitarbeiter der Gemeinde.
Beschütze und bewahre uns vor dem Virus
und den Folgen der Pandemie.

Gott des Lebens – wir bitten dich, erhöre uns.

Wir rufen zu dir und bitten für alle,
die sich für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen.
Wir bitten für alle, die für die Bewahrung der Schöpfung kämpfen.

Gott des Lebens – wir bitten dich, erhöre uns.

Wir rufen zu dir und bitten für uns,
deine Töchter und Söhne:
öffne unsere Augen,
bewege unsere Herzen,
lass uns durchlässig werden für das Leid der anderen
und lass uns sehen, wo wir gebraucht werden und etwas bewirken können.
Lass uns unsere Möglichkeiten und unsere Kraft erkennen
und nimm uns in Anspruch für dein Reich.

Gott des Lebens – wir bitten dich, erhöre uns.

(unter Verwendung eines Fürbittengebets von Alexandra Pook, Sonntag Estomihi, in: Feministisch predigen 2020/21)


Was uns noch bewegt, bringen wir jetzt in der Stille vor dich.
Übersetzung des Liedtextes:

Wie lange werden wir singen?
Wie lange werden wir schreiben?
Wie lange schreiben und Texte versenden?
Wie lange werden wir unsere Beiträge bringen?
Wie lange bleiben wir bei der Sache?
Wie lange sorgen wir für einen gerechten Ausgleich?

So lange bis alle satt sind klagen wir,
bis alle auf der Erde Brot haben.
Wie der eine, der jeden von uns liebt,
sind wir so lange tätig, bis alle satt sind.

Wie lange werden wir nur Worte machen,
Wie lange sticheln und quengeln wir im Hintergrund –
und häufen dabei immer mehr an für uns selbst?
Wie lange brauchen wir noch, um diese Fassade abzulegen?
Wie lange, Herr, wie lange noch?

Wie lange noch treten wir auf der Stelle ohne wach zu werden?
Wann tun wir endlich, was richtig ist?
Wie können wir nur ‚rumstehen und erstarren?
Wann sehen wir endlich klar?

Im Freien, auf der Wiese, waren sie damals zusammen.
Sie haben gehört, was der Meister sagte.
Was sie hatten, haben sie geteilt, ein paar Fische und ein Brot.
Sie haben füreinander gesorgt, bis alle satt waren.
Geht in die neue Woche unter Gottes Segen:

Gott segne dich und behüte dich
Gott lasse sein Angesicht über dir leuchten
und sei dir gnädig,
Gott erhebe sein Angesicht auf dich
und gebe dir Frieden.

Amen.
heute ganz Corona-gerecht: EG 295 Wohl denen, die da wandeln